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Zum Umfang der materiellen Rechtskraft in Arzthaftungsprozessen

Das Landgericht Wiesbaden hatte sich in seiner Entscheidung vom 09.09.2014 (1 O 10/14) mit der Frage der Reichweite der materiellen Rechtskraft in einem Arzthaftungsprozess zu beschäftigen. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Kläger bereits in einem vorangegangenen Verfahren Behandlungsfehler behauptet. Dieses vorangegangene Verfahren endete mit einem rechtskräftigen Abweisungstenor, nachdem die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung zurückgenommen worden ist. In dieser rechtskräftigen Entscheidung stützte der Kläger sein Begehren auf einen konkreten Behandlungsfehlervorwurf. Vier Jahre später erhob der Kläger im Hinblick auf den gleichen Behandlungssachverhalt eine erneute Klage und stützte diese nunmehr auf einen weiteren Behandlungsfehlervorwurf. Die Klage ist als unzulässig abgewiesen worden, weil hier materielle Rechtskraft angenommen worden ist. Das Gericht beschäftigt sich in der Entscheidung ausgiebig mit dem Streitgegenstandsbegriff im Arzthaftungsrecht. Das Gericht setzt sich hier mit der wohl herrschenden Auffassung auseinander, wonach das gesamte vorgetragene Behandlungsgeschehen als streitgegenständlich aufzufassen sei (vgl. OLG Saarbrücken MDR 2000, 1317; OLG Hamm NJW-RR 1999, 1589; LG Koblenz Beck RS 2009, 07440; Frahm/Nixdorf/Walter, 5. Auflage 2013, Rdnr. 240; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 7. Auflage 2014, Rdnr. 746). Demnach würde sich die Rechtskraft auf alle mit dem Geschehen verknüpften Behandlungsfehler erstrecken. Die Gegenansicht (Wagner in MüKo, BGB, 6. Auflage 2013, § 823, Rdnr. 886) nimmt einen einheitlichen Streitgegenstand nur an, wenn für einen Gesundheitsschaden verschiedene Behandlungsfehler als Ursache in Betracht kommen würden. In dem vorliegenden Fall sei es dergestalt, dass die behaupteten Behandlungsfehlervorwürfe in einem unmittelbaren räumlichen, sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen würden. Sie würden nämlich dieselbe Heilbehandlung am selben Tag und ein einheitlich nicht unterbrochenes Behandlungsgeschehen mit demselben Behandlungsziel betreffen.

Das Institut der Rechtskraft solle im Arzthaftungsrecht gerade verhindern, dass ein Patient die ärztliche Behandlung unter Berufung auf immer neue Gesichtspunkte wiederholt einer gerichtlichen Prüfung zuführen könne (OLG Saarbrücken MDR 2000, 1317). Die materielle Rechtskraft solle unterbinden, dass über denselben Streitgegenstand ein weiterer Rechtsstreit geführt oder darüber hinaus erneut oder abweichend entschieden wird. Die Sachentscheidungen des Gerichts sollen nämlich grundsätzlich an dauernde innere Bestandskraft entfalten können, da mit dem Streit der Parteien nicht nur im laufenden Verfahren, sondern darüber hinaus grundsätzlich ein Ende bereitet werden würde. In Ansehung der maßvollen Substantiierungsanforderungen sei es so, dass der jeweilige Kläger in Abhängigkeit vom Sachverständigengutachten ohne Änderung des Streitgegenstandes seine Klage auf die durch den Sachverständigen aufgedeckten Behandlungsfehler stützen könne. Umgekehrt müsse der jeweilige Kläger aber auch hinnehmen, dass die Rechtskraft eines Vorprozesses sämtliche dem Behandlungsgeschehen möglicherweise anhaftenden Behandlungsfehler erfassen würde (OLG Saarbrücken a.a.O.; LG Koblenz a.a.O.).

(Quelle: Juris)

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