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Wettbewerbsrechtliche Bewertung eines Selektivvertrages (OLG Düsseldorf), Urteil vom 13.07.2016 – VI U (Kart) 1/16

In dem entschiedenen Fall vor dem ersten Kartellsenat des OLG Düsseldorf stritten die Parteien um die kartellrechtliche Bewertung eines Selektivvertrages.

Die Beklagte ist eine im Gesundheitswesen tätige Managementgesellschaft die mit mehreren Krankenkassen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Ausschreibung einen Selektivvertrag über zahnärztliche und zahntechnische Leistungen abgeschlossen hatte. Die Beklagte war mit mehreren Zahnärzten einzelvertraglich verbunden. Die leistungserbringenden Zahnärzte haben die Abrechnung der Leistungen nach Abtretung über die Beklagte vornehmen lassen.

Die Beklagte hat den von den beteiligten Zahnärzten zu beziehenden Zahnersatz durch eine Muttergesellschaft, die 100 % der Geschäftsanteile der Beklagten hielt, bezogen. In den Individualverträgen zwischen der Beklagten und den Zahnärzten hatten sich diese dazu verpflichtet, den Zahnersatz ausschließlich von dieser Muttergesellschaft zu beziehen. Die Versicherten hatten sich in ihren Teilnehmererklärungen dazu verpflichtet, alle zahntechnischen Leistungen nur über die Muttergesellschaft beschaffen zu lassen.

Die Klägerin ist ebenfalls eine Dentalhandelsgesellschaft. Sie bekundete ein Interesse sich an dem geschlossenen Selektivvertrag zwischen der Beklagten und den Krankenkassen zu beteiligen.

Die Klägerin hatte im Wege der Auskunftsklage einen Auskunftsanspruch über den Inhalt des Selektivvertrages geltend gemacht und im Übrigen Feststellungsklage erhoben, wonach die Beklagte verpflichtet werden sollte, die Klägerin ebenfalls zur Teilnahme am Selektivvertrag zuzulassen. Sie begehrte im Weiteren Schadensersatz.

Die Klage hatte weder vor dem angerufenen Landgericht noch vor dem OLG Erfolg.

Das OLG Düsseldorf führte aus, dass die Feststellungsklage bereits unzulässig sei, da ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung fehlen würde. Die Klägerin habe nicht einmal dargelegt, dass sie ein konkretes Interesse an der Teilnahme zum Selektivvertrag habe. Ohne ein solches konkretes Interesse könne auch kein Auskunftsanspruch entstehen.

Verstöße gegen Vorschriften des GWB würden nicht vorliegen. Ein Verstoß gegen

§ 4 Abs. 1 GWB scheide aus. Denn der Umstand, dass die teilnehmenden Zahnärzte sich gegenüber der Beklagten verpflichten, zahntechnische Leistungen ausschließlich über die weitergehende GmbH zu beziehen würde nicht gegen § 1 GWB verstoßen. Denn wettbewerbsbeschränkte Vereinbarungen in einem Austauschvertrag würden dann von einem Kartellverbot nicht erfasst werden, wenn sie als dessen notwendige Nebenabrede erforderlich seien um den Hauptzweck des als sonstigen kartellrechtsneutralen Vertrages zu verwirklichen. Dies sei vorliegend der Fall. Mit der Exklusivitätsabrede solle die Versorgung finanziell schlecht gestellter Patienten mit zahlungsfreiem Zahnersatz sichergestellt werden. Dafür sei es erforderlich, einen Zahnersatz zu beschaffen, der preislich und qualitativ den Anforderungen der teilnehmenden Zahnärzte entsprechen würde.

Es würde sich um eine unternehmerische Entscheidung handeln, die nicht zu beanstanden sei. Eine andere Bewertung würde den Leistungsaustausch erheblich stören da die Beklagte dann verpflichtet wäre, den Zahnersatz nicht mehr ausschließlich selbst bereit zu stellen sondern auch über die Klägerin zu beziehen. Dies hätte aber folglich auch Auswirkungen auf die Preisgestaltung des Selektivvertrages. Im Übrigen sei jedes Unternehmen berechtigt, seine Geschäftsqualität selbst zu bestimmen. Es dürfe seine Beschaffung, seinen Absatz und seinen Vertrieb autonom organisieren. Dies würde das Eindringen Dritter in die unternehmensinternen Beschaffungs-, Absatz- und Vertriebsstrukturen auch unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten ausschließen.

Die Vorgabe gegenüber den Zahnärzten, ausschließlich bei der Muttergesellschaft der Beklagten Mittel zu beziehen stelle zwar einen Aufruf zu einer Bezugssperre im Sinne von § 21 Abs. 1 GWB dar. Diese würde sich aber gegen jedes dritte zahntechnische Labor und jede andere Dentalgesellschaft und nicht gegen ein „bestimmtes Unternehmen“ im Sinne von § 21 Abs. 1 GWB richten.

Es liege auch kein Verstoß gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot im Sinne von § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. GWB vor. Denn kein Unternehmen sei verpflichtet, einen potentiellen Wettbewerb zum eigenen Nachteil zu fördern. Jedes Unternehmen, auch ein marktbeherrschendes, sei grundsätzlich frei, seine geschäftlichen Tätigkeiten nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie es für wirtschaftlich sinnvoll gehalten werde. Dieser wirtschaftliche Freiraum gelte auch für die Ausgestaltung des Vertriebsweges. Dabei würde es sich um eine unternehmerische Entscheidung handeln, die kartellrechtlich unbedenklich und hinzunehmen sei.

 

Quelle: Juris

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