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Durch die sogenannte „gewerbliche Infektion“ einer (Zahn-) Arztpraxis kann eine Gewerbesteuer auch für Einkünfte aus der medizinischen Behandlung von Patienten anfallen.
Sofern auch nur ein einzelner der Gesellschafter einer (Zahn-) Arztpraxis seine berufliche Qualifikation als Arzt nicht oder nicht ausreichend selbst verwirklicht, sondern dieser rein kaufmännisch-organisatorisch in der Praxis tätig ist, kann die gesamte (Zahn-) Arztpraxis der Gewerbesteuer unterliegen.
Der Bundesfinanzhof hat in einem neuen Urteil betont, dass strenge Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Einkünfte einer (Zahn-)Arztpraxis steuerlich „lediglich“ als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und nicht als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb einzuordnen.
(BFH, Urteil vom 04.02.2025, Az.: VIII R 4/22)
Ein Zahnarzt war Seniorpartner in einer Zahnarztpraxis und dort für sämtliche Angelegenheiten, die außerhalb der eigentlichen Patientenbehandlung zum Betrieb gehören, zuständig. In seinen Aufgabenbereich fiel insbesondere die kaufmännische Führung und Organisation des zahnärztlichen Praxisbetriebs.
Neben diesen nicht medizinischen bzw. nicht-behandlungsbezogenen Aufgaben, beriet der Zahnarzt im Jahr 2010 lediglich fünf Patienten konsiliarisch als Zahnarzt.
Nach einer Betriebsprüfung der Zahnarztpraxis erließ das Finanzamt einen Feststellungsbescheid, in dem es wegen der weit überwiegenden, rein kaufmännischen Tätigkeit dieses Zahnarztes „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ bei der gesamten Zahnarztpraxis feststellte. Zugleich forderte das Finanzamt die Zahnarztpraxis in diesem Bescheid auf, erhebliche Steuernachzahlungen wegen gewerblicher Einkünfte zu leisten.
Gegen diesen Bescheid bzw. die Nachzahlungsverpflichtung klagte die Zahnarztpraxis zunächst erfolglos vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz.
Der Bundesfinanzhof (BFH) urteilte dazu schließlich, dass der vom Finanzamt erlassene Bescheid dahingehend abgeändert werden müsse, dass bei der Zahnarztpraxis im Jahr 2010 keine Einkünfte aus einem Gewerbetrieb, sondern aus selbständiger Tätigkeit vorlagen.
Zur Begründung stellte der BFH voran, dass freiberufliche Einkünfte gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG nur dann erzielt werden könnten, wenn alle Gesellschafter einer (Zahnarzt-)Praxis die Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen. Demnach müsse für die Annahme von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit jeder Gesellschafter über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und eine freiberufliche Tätigkeit auch jeweils tatsächlich selbst entfalten.
Sofern hingegen auch nur einer der Gesellschafter diese Voraussetzungen nicht erfüllt, würden grundsätzlich automatisch alle Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielen.
Die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zur (zahn-) ärztlichen Berufsgruppe sei grundsätzlich nicht ausreichend, um steuerlich auch eine freiberufliche Tätigkeit anzunehmen. Vielmehr müsse positiv festgestellt werden, dass jeder Gesellschafter einer (Zahn-) Arztpraxis seine berufliche Qualifikation als Arzt am Markt auch in seiner Person selbst verwirkliche.
Allerdings, und dies führte vorliegend zur Aufhebung des für die Zahnarztpraxis belastenden Steuerbescheids, schließe auch die berufstypische (zahn-) ärztliche und freiberufliche Tätigkeit am Patienten nicht per se aus, dass ein Berufsträger neben äußerst geringfügig behandelnder Tätigkeit vor überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb erbringe. Denn die kaufmännische Führung und Organisation der Gesellschaft bildete im entschiedene Fall die Grundlage für die Ausübung der am Mark erbrachten berufstypischen, zahnärztlichen Leistungen.
Da der Zahnarzt im vorliegenden Fall neben seiner kaufmännischen Führung der Praxis und der Organisation des ärztlichen Praxisbetriebs im relevanten Zeitraum zumindest auch einige Patienten konsiliarisch beraten hatte, hat er nach Ansicht des BFH im konkreten Fall noch in ausreichendem Umfang eine behandelnde, ärztliche Tätigkeit am Markt entfaltet.
Daher habe die Praxis insoweit lediglich Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt und nicht aus Gewerbebetrieb. Eine Gewerbesteuer sei insoweit nicht angefallen.
Auch wenn in diesem Fall keine Gewerbesteuer nachgezahlt werden musste, zeigt der Fall eindringlich, wie wichtig es ist, das Risiko einer anfallenden Gewerbesteuer auch für (zahn-) ärztliche Praxen, erst recht bei einer Arbeitsaufteilung der Gesellschafter dergestalt, dass einer der Gesellschafter weit überwiegend kaufmännisch-organisatorisch tätig ist, im Blick zu behalten. Denn die ansonsten drohende Gewerbesteuer kann zu erheblichen Nachzahlungsforderungen gerichtet an die gesamte Praxis bzw. gegenüber allen Gesellschaftern führen.