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Voraussetzungen einer bindenden Patientenverfügung bei dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

Nach BGH NJW 2016, 3297 hatte der BGH nunmehr mit Beschluss vom 8.2.2017 (XII ZB 604/15) erneut über die Frage der Konkretisierungsanforderungen an eine Patientenverfügung zu entscheiden. Die hier im Mittelpunkt stehende Patientin erlitt in der Vergangenheit einen Schlaganfall und befand sich nach einem Herzkreislaufstillstand in einem apallischen Zustand. Sie wurde über eine PEG ernährt. Bereits Jahre vor diesen Ereignissen hatte sie ein Schriftstück verfasst, das als „Patientenverfügung“ überschrieben war. Hierin wurde festgehalten, dass u. a. dann, wenn keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins bestehe oder aufgrund von Krankheiten oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe, „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten. In der Folgezeit hatte die Patientin mehrfach gegenüber verschiedenen Familienangehörigen und Bekannten angesichts zweier Wachkomapatienten aus dem persönlichen Umfeld geäußert, dass sie weder künstlich ernährt werden wolle noch so am Leben erhalten werden wolle. Sie wolle in solchen Fällen lieber sterben. Nach dem Schlaganfall und dem Herzkreislaufstillstand erhielt die Patientin die Möglichkeit, kurzzeitig das Sprachvermögen wiederzuerlangen. Bei dieser Gelegenheit erklärte sie „ich möchte sterben“. Jahre später sind Sohn und Ehemann zu jeweils alleinvertretungsberechtigten Betreuern bestellt worden.

Der Sohn war der Auffassung, die künstliche Ernährung samt Flüssigkeitszufuhr solle eingestellt werden. Der Ehemann lehnte dieses ab. Das Amtsgericht hatte den Antrag des Sohnes abgelehnt. Das Landgericht hatte die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. 

Der BGH hat die Sache aufgehoben und weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der vom Sohn beabsichtigte Widerruf in die Einwilligung der PEG-Behandlung bedürfe grundsätzlich nach § 1904 Abs. 2 BGB der betreuungsrechtlichen Genehmigung, wenn durch den Abbruch der Maßnahme die Gefahr des Todes drohe. Eine solche betreuungsrechtliche Genehmigung sei jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt habe und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutreffe.

Eine solche schriftliche Patientenverfügung entfalte nur dann unmittelbare Bindungswirkung, wenn:

 

  • Ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, bei Abfassung der Patientenverfügung noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können.

 

An die Bestimmtheit dürfe keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Vorausgesetzt könne nur, dass der Betroffene umschreibend festlege, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation wolle und was nicht. Die Äußerung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, sei für sich genommen keine hinreichende konkrete Behandlungsentscheidung. Eine erforderliche Konkretisierung könne aber durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen. Dieses Bestimmtheitserfordernis i. S. einer Konkretisierung sei auch noch dann gegeben, wenn die Patientenverfügung noch auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen Bezug nehme. Die abschließende Bewertung sei dann durch die Auslegung der Patientenverfügung zu ermitteln. Sollte man bei der Auslegung zu dem Ergebnis gelangen, dass der derzeitige Gesundheitszustand nicht den Festlegungen der Patientenverfügung entspreche, sei erneut zu überprüfen, ob ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem mutmaßlichen Willen entspreche. Dieser sei anhand konkreter Umstände zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen, ethischer oder religiöser Überzeugungen oder sonstiger persönlicher Wertvorstellungen des Betroffenen.

Quelle: Bundesgerichtshof 

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