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Vertragsärztliche Versorgung – Nachbesetzungsverfahren in einer BAG – Erforderliches Praxissubstrat

In dem Verfahren vor dem SG Berlin (Urteil vom 10.05.2017 – S 87 KA 946/16), derzeit anhängig am BSG zum Az B 6 KA 46/17 R, stritten die Parteien um die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages. Die Klägerin ist als Fachärztin für Chirurgie vertragsärztlich zugelassen. Sie ist Teil einer BAG in der auch der verstorbene Chirurg, dessen Sitz hier im Streit steht, tätig war. Er war mit vollem Versorgungsauftrag zugelassen. Mit einem Schreiben aus dem Jahre 2015 übertrug Letzterer alle Rechte in Bezug auf die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens auf die Klägerin. Nach dem Eintritt des Todes wurde diese Erklärung durch die Erben bestätigt. Die Erben erklärten weiter, dass sie im Hinblick auf den Vertragsarztsitz keinerlei Ansprüche geltend machen. In den Quartalen I/2012 bis IV 2012 konnte der Verstorbene im Durchschnitt eine Fallzahl von 69 Patienten aufweisen. Der Durchschnitt der Fachgruppe lag in diesen Quartalen im Durchschnitt bei 761. Die hier maßgebliche BAG hatte in fünf maßgeblichen Quartalen eine durchschnittliche Fallzahl von 2159.

Der Zulassungsausschuss lehnte die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens ab. Er wies darauf hin, dass ein Nachbesetzungsverfahren für einen vollen Vertragsarztsitz nicht durchgeführt werden könne, da ein entsprechendes Praxissubstrat nicht vorhanden sei.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wurde vom SG Berlin allerdings als unbegründet abgewiesen.

Das SG führte aus, dass für ein Nachbesetzungsverfahren Voraussetzung sei, dass eine fortführungsfähige Praxis bestehe. An einer solchen würde es fehlen soweit die Klägerin einen weitergehenden als einen halben Versorgungsauftrag begehre. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Bestehens einer fortführungsfähigen Praxis sei nicht der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sondern der Zeitpunkt der Antragstellung auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens (so auch BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 49/12 R sowie BSG, Urteil vom 23.03.2016 – B 6 KA 9/15 R).

Für die Beurteilung eines nachbesetzungsfähigen Praxissubstrats sei nicht auf die BAG als Ganzes abzustellen sondern auf den konkreten Tätigkeitsumfang. Daran würde es fehlen, da die Fallzahlen des Verstorbenen bei ca. 10 % des Durchschnitts der Fallzahlen des Fachgruppendurchschnitts liegen würden.

Unbeachtlich sei, dass die weiteren Mitglieder der BAG in dem entscheidungserheblichen Zeitraum insgesamt die Fallzahlen erbracht hätten, die durchschnittlich durch drei Ärzte der Fachgruppe mit vollem Versorgungsauftrag erbracht werden würden. Denn es sei nicht auf die gesamte BAG abzustellen. Die Entscheidung des BSG vom 04.05.2016 (B 6 KA 24/15 R) sei nicht anders zu verstehen. Würde man nämlich bei der Frage des nachbesetzungsfähigen Praxissubstrats auf die BAG als solches abstellen, so würde der Sinn und Zweck von § 103 Abs. 3 a SGB V konterkariert werden.

Ziel der Regelung sei es nämlich, dass Nachbesetzungsverfahren in überversorgten Planungsbereichen nicht durchzuführen und die Überversorgung abzubauen. Würde man an den Leistungsumfang der BAG anknüpfen, so würde das Nachbesetzungsverfahren in Fällen wie vorliegend gerade wieder eine Ausdehnung der Versorgung ermöglichen. Denn durch die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, dessen Inhaber nur im geringen Umfang tätig sei und für den die übrigen Partner der BAG Leistungen erbringen würden, würde das Regelleistungsvolumen der BAG insgesamt ausgeweitet werden, ohne das es zu einer Abstaffelung der Vergütung käme.

Anmerkung:

Seit der Einführung des Regelleistungsvolumens (RLV) wird dieses arztbezogen ermittelt. In einer BAG ermittelt sich das RLV eines Arztes aus dem Verhältnis der Behandlungsfälle der gesamten BAG zur RLV-relevanten Fallzahl des einzelnen Arztes. Die Zuweisung des RLV erfolgt jedoch für die gesamte BAG durch Addition der RLV der Ärzte, die Leistungsmenge eines Arztes wird mit der gesamten BAG verrechnet. Daraus folgt, dass die RLV der im hier streitigen Fall tätigen Praxispartnerinnen in dem Umfang gestiegen sind, in dem sie überdurchschnittlich tätig waren und somit ein Teil des Versorgungsauftrages des Verstorbenen erfüllt haben. Das RLV des Verstorbenen ist entsprechend gesunken. Hätte das Gericht nun den Vertragsarztsitz des Verstorbenen im Umfang eines vollen Versorgungsauftrages nachbesetzt, so könnte der Nachfolger auf diesem Sitz sein RLV wieder auf 150 % des Fachgruppendurchschnitts steigern, ohne einer Abstaffelung der Vergütung zu unterliegen. Daraus würde ein insgesamt gestiegenes RLV der gesamten BAG resultieren.

Quelle: Juris

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