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Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht als berufsrechtliches Vergehen

Das Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe Münster vom 25.11.2015 (6 t A 2679/13.T) ist beachtenswert, weil Verletzungen der ärztlichen Dokumentationspflicht in erster Linie Gegenstand von Beweislastfragen im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung berühren. Wenngleich die Pflicht zur Dokumentation auch eine berufsrechtlich normierte Pflicht darstellt und die Verletzung dieser Pflicht gegen Berufsrecht verstößt, sind entsprechende heilberufliche Verfahren eine Seltenheit.

Die Verfahrensbeteiligten stritten vorliegend um die Rechtmäßigkeit einer berufsrechtlich verhängten Geldbuße. Der Beschuldigte war als verantwortlicher Operateur in der gynäkologischen Abteilung einer Klinik tätig. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bat der Geschäftsführer darum, bei neun operierten Patientinnen die Operationsberichte zu erstellen. Der Beschuldigte weigerte sich dies nachzuholen. Er hatte es versäumt, den Verlauf der Operation zu diktieren. Handschriftliche Aufzeichnungen über den Verlauf der Operation lagen ebenfalls nicht vor.

Zu den jeweiligen Patientinnen lagen jeweils die Personalien sowie eine Diagnose vor. Im Übrigen wurde das operative Procedere jeweils mit einem Schlagwort, etwa „Hysterektomie“ erwähnt. Weitere Hinweise auf die Durchführung der Operationen gab es nicht.

Das Berufsgericht hat hier einen Verstoß gegen § 29 Abs. 1 des Heilberufegesetzes NRW gesehen. Auch liege ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Ärztekammer vor. Hieraus resultiere eine Pflicht zur ausführlichen und sorgfältigen Dokumentation der ärztlichen Behandlung. Zweck der Dokumentationspflicht sei die Therapiesicherung. Die Dokumentation solle insbesondere eine sachgerechte (Weiter-) Behandlung des Patienten gewährleisten, in dem sie jeden mit- und nachbehandelnden Arzt in die Lage versetze, sich über durchgeführte Maßnahmen und die angewandte Therapie zu erkundigen. In zeitlicher Hinsicht sei die Dokumentation im unmittelbaren Zusammenhang mit der Behandlung oder dem Eingriff zu erstellen, jedenfalls aber in einem Zeitraum, in dem den Arzt die Einzelheiten der Behandlung noch präsent seien.

Beraterhinweis:
Die Entscheidung OVG Münster ist nicht nur in berufsrechtlicher Hinsicht von Bedeutung. Sie hat auch haftungsrechtliche Relevanz. Bis zum Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes im Februar 2013 gab es keine normierten Vorgaben für den Zeitpunkt der Anfertigung einer ärztlichen Dokumentation. In einer veröffentlichten Entscheidung des OLG Köln wurde jedenfalls darauf abgestellt, dass eine erstellte Dokumentation nach Ablauf von 6 Monaten keinerlei Beweiswert mehr haben würde. Mit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes wurde in § 630 f Abs. 1 BGB statuiert, dass der Behandelnde verpflichtet sei, zum Zwecke der Dokumentation „im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung“ eines Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Patientenrechtegesetz sollte sich der „unmittelbare zeitliche Zusammenhang“ an § 121 Abs. 1 BGB orientieren. Demnach müsste eine ärztliche Dokumentation unverzüglich erfolgen. In der Kommentarliteratur werden hierfür Zeiträume von bis zu 14 Tagen nach Ablauf des Eingriffs anerkannt. Mit der nunmehrigen Entscheidung des OVG Münster wird diese zeitliche Komponente jedenfalls weiter individualisiert, denn das OVG stellt darauf ab, dass der Zeitraum maßgeblich sei, „in dem die Arzt die Einzelheiten der Behandlung noch präsent seien“. Dies kann selbstredend auch nach 14 Tagen noch der Fall sein.

(Quelle: Juris)

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