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In der Entscheidung des OLG Koblenz vom 13.01.2016 (5 U 290/15) stritten die Parteien um die Frage der Unterlassenen Befunderhebung, den Anforderungen an den zu führenden Ge-genbeweis auf Ebene der Kausalität sowie der Frage nach der Schmerzensgeldbemessung bei kurzzeitiger Behandlungsverzögerung.
Die Klägerin nahm nach vorangegangener augenärztlicher Behandlung bei ihrem Augenarzt telefonischen Kontakt zum Beklagten auf. Dieser verrichtete den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst am Wochenende. Zu einer persönlichen Diagnostik kam es nicht. Vielmehr wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, sich am Folgetag beim Hausarzt in der Praxis vor-zustellen. Die Klägerin hat in beiden Instanzen behauptet, dass hierin eine unterlassene Befunderhebung in Form eines fundamentalen Diagnoseirrtums liegen würde. Sie hat weiter behauptet, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei sofortiger Diagnostik nicht ein-getreten wären.
Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH (VI ZR 51/16) ist zurückgenommen worden.
Das OLG Koblenz vertrat hier die Auffassung, dass die Grundlagen einer Unterlassenen Befunderhebung zwar grundsätzlich gegeben seien. Eine Unterlassene Befunderhebung kommen nämlich dann in Betracht, wenn lediglich eine telefonische Konsultation und keine persönliche Diagnostik durchgeführt werde. Demnach käme der Klägerin eine Beweislastumkehr zu Gute.
Allerdings habe die Beklagtenseite den Gegenbeweis geführt, da ein haftungsbegründender Kausalzusammenhang zum Primärschaden äußerst unwahrscheinlich sei. Das Landgericht führte hierzu aus, dass für die Frage der „äußersten Unwahrscheinlichkeit“ nichts zwingend eine Wahrscheinlichkeitsbemessung in Zahlen vorgenommen werden müsse. Denn entsprechende Quantifizierungen seien naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden und seien auch kaum nachvollziehbar begründbar. Es komme daher lediglich darauf an, ob aus Sicht des Sachverständigen ein Kausalzusammenhang „ausgeschlossen“ bzw. „fast ausgeschlossen“ werden könne. Dies sei vorliegend der Fall gewesen.
Eine angenommene Behandlungsverzögerung um einen Tag samt Schmerzzustand würde aber auch nicht den Zuspruch von Schmerzensgeld rechtfertigen. Das OLG hebt hervor, dass der Mensch vielfältigen Beeinträchtigungen in seiner Befindlichkeit ausgesetzt sei und daran gewöhnt werde, sich von ihnen möglichst nicht nachhaltig beeindrucken zu lassen. Werde diese Schwelle von einem geringen vorübergehenden Einflusses auf das Allgemeinbefinden nicht überschritten, so fehlt es bereits an der Grundlage für eine geldspezifische Bewertung eines Ausgleichsbedürfnisses. Es sei daher im Einzelfall gerechtfertigt ein Schmerzensgeld zu versagen, wenn die erlittenen Beeinträchtigungen derart gering seien, dass ein Ausgleich das sich aus ihr ergebenen immateriellen Schadens in Geld nicht mehr billig erscheint.
(Quelle: Juris)