Einstellungen gespeichert

Cookie-Hinweis: Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind erforderlich, während andere uns helfen unser Onlineangebot zu verbessern. Sie können alle Cookies über den Button “Alle akzeptieren” zustimmen, oder Ihre eigene Auswahl vornehmen und diese mit dem Button “Auswahl akzeptieren” speichern.

Umfang der Aufklärung bei einem Behandlungskonzept, dass den Korridor des medizinischen Standards verlässt - BGH; Urteil vom 15.10.2019 – VI ZR 105/18

Kernaussage:

Ein individuelles Behandlungskonzept ist nicht bereits deswegen fehlerhaft, weil es den Korridor des medizinischen Standards verlässt. In diesen Fällen sind allerdings besonders hohe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen.

 

Sachverhalt:

Die Parteien stritten um die Ordnungsgemäßheit einer durchgeführten Fusionsoperation im Bereich C 5/ C 6 und C 4/ C 5. Der Kläger litt nach zwei Verkehrsunfällen in den 90-er Jahren unter erheblichen Nacken- und Schulterschmerzen mit Kribbelparästhesien. Seit 2003 fanden durchgehend konservative Therapieversuche und Bildbefundungen statt. Betroffenes Segment der Schmerzpersistenz war vornehmlich das Segment C 5/ C 6. Seitens der Neurochirurgie ist eine Empfehlung zur Fusion der Segmente C 4/ C 5 (symptomlos) sowie der Segmente C 5 / C 6 durch eine Plattenverschraubung angeraten worden. Nach der Beweisaufnahme der Instanzgerichte habe für die Einbeziehung der Segmente C 4/ C 5 keine Indikation bestanden. Es habe nämlich keine Kompression nervaler Strukturen bestanden. Allerdings führte der Sachverständige aus, dass es eine neurochirurgische Mindermeinung geben würde, die alleine einen bildmorphologischen Befund für die Indikation als ausreichend anerkenne. Demensprechend könne eine solche Einbeziehung als individuelles Konzept entgegen gängiger Behandlungsweisen anerkannt werden. Es würde zwar nicht dem Standard entsprechen, die Operation prophylaktisch auf ein nicht betroffenes Segment zu erstrecken. Es könne aber nicht als eindeutig fehlerhaft eingestuft werden, da es in Absprache mit dem Patienten gerechtfertigt sein könne.

 

Entscheidung:

Das Verlassen des Korridors des medizinischen Standards sei nicht ohne weiteres als Behandlungsfehler zu werten. Denn die Therapiewahl sei primär Sache des Arztes. Die Rechtsprechung gestehe dem Arzt hierzu einen grundsätzlichen weiten Beurteilungsspielraum zu. Es müsse allerdings eine verantwortliche medizinische Abwägung unter Vergleich der zu erwartenden Vorteile dieser Methode und ihrer abzusehenden und vermuteten Nachteile durchgeführt werden. Höhere Belastungen oder Risiken für den Patienten müssten in den Besonderheiten des konkreten Falles oder in einer günstigeren Heilungsprognose eine sachliche Rechtfertigung finden. Derartige Operationen seien dann allerdings als Außenseitermethode zu bewerten. Dem Patienten müsse in diesen Fällen nicht nur die Gefahr eines Misserfolgs und die Risiken des Eingriffs erläutert werden. Ihm müsste auch erläutert werden, dass der Eingriff nicht dem medizinischen Standard entsprechen würde.

Zurück

scroll up