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Keine Anwendung der Beweislastregeln über den Befunderhebungsfehler bei pränataler Untersuchung in der Schwangerschaftsbetreuung

Die Parteien der Entscheidung des OLG Dresden (Urt. v. 20.12.2007 – 4 U 966/17) streiten um die haftungsrelevante Verantwortlichkeit im Rahmen pränataler Diagnostik. Die in Anspruch genommene Beklagte zu 1) ist niedergelassen Frauenärztin und betreute die Klägerin während der Schwangerschaft. Die Beklagte zu 2) ist als Chefärztin bei der Beklagten zu 3) tätig und führte bei der Klägerin das erste Trimester-Screening, die Feinuntersuchung im zweiten Schwangerschaftsdrittel und ein so genanntes Baby-Fernsehen im letzten Trimester durch. Die Klägerin ist der Ansicht, dass im Falle einer ordnungsgemäßen Untersuchung hinreichende Verdachtsmomente für den später festgestellten Gendefekt (partielle Trisomie 13) festgestellt worden wäre. Die Beklagten hätten dann zu einer Fruchtwasseruntersuchung raten müssen. In deren Folge hätte sich der Gendefekt bestätigt. Die Klägerin hätte dann einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen.

Das angerufene Gericht hat eine entsprechende Beweisaufnahme durch die Einholung von Sachverständigengutachten durchgeführt. Das OLG setzte sich in den Entscheidungsgründen mit dem Pflichtenkreis der schwangerschaftsbetreuenden Ärzte auseinander. Das OLG führte dazu aus, dass es wesentliche Vertragspflicht einer Vereinbarung über die Schwangerschaftsbetreuung sei, die Eltern über die erkennbaren Gefahren einer Schädigung der Leibesfrucht zu beraten. Komme der Arzt diesen Pflichten nicht nach, könne dies die Grundlage für Anspruch auf Erstattung des Unterhaltsbedarfs des Kindes bis zum 18. Lebensjahr sein. Die aus diesem Behandlungsvertrag resultierenden Pflichten seien daher zweigeteilt. Zum einen würde die Pflicht zur ordnungsgemäßen Diagnostik bestehen. Erkennbare Gefahren für eine etwaige schwere Schädigung des Kindes müssten erkannt werden. Daraus würden dann Beratungspflichten resultieren.

Der Arzt dürfe aber keine Entscheidung darüber treffen, ob und welche weiteren invasiven Untersuchungsmaßnahmen durchgeführt werden. Diese seien nämlich mit einem nicht unbeträchtlichen Abortrisiko verbunden. Erst recht dürfe kein Arzt eine eigenständige Entscheidung darüber treffen, ob eine Abtreibung vorgenommen werde. Wegen dieser Besonderheiten würde es sich verbieten, die Grundsätze über den Befunderhebungsfehler uneingeschränkt anzuwenden.

Denn selbst bei unterstellter unzureichender, fehlerhaft durchgeführter Diagnostik im Rahmen eines Ersttrimester-Screenings oder der Feinuntersuchung und selbst in den Fällen, in denen sich mit hinreichenden Verdachtsmomenten genetische Störungen gezeigt hätten, ließen sich hieraus kein „reaktionspflichtigen Befunde“ des jeweiligen Arztes ableiten.

Ein „reaktionspflichtiger Befund“ lege nämlich regelmäßig eine Reaktion im Sinne einer Behandlung nahe. Wenn aber wie vorliegend die in Rede stehende Anomalie einer Therapie nicht zugänglich sei, könne sich für den betroffenen Arzt auch nicht die Frage stellen, ob eine Behandlungspflicht bestünde oder nicht. Weitergehende Untersuchungen und die Entscheidung hierzu würden ausschließlich den Entscheidungskorridor der Eltern betreffen.

Insoweit gilt hier lediglich die Pflicht, in dieser Situation den Eltern die Chancen und Risiken einer weiterführenden Untersuchung zu erläutern. Im Hinblick auf den Schutz des ungeborenen Lebens dürfe ein Arzt aber diesen Schritt nicht etwa „nahelegen“ oder „aufdrängen“.

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