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Berücksichtigung des prozessualen Verbotes der Überbeschleunigung im Arzthaftungsprozess

Nach erneut bestätigter Rechtsauffassung des für das Arzthaftungsrecht zuständigen sechsten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 3.7.2012 – VI ZR 120/11) würde eine auf die Versäumung der Einspruchsfrist gestützte Zurückweisung gegen das verfassungsmäßige Verbot einer ohne weiteres erkennbaren "Überbeschleunigung" verstoßen, wenn offenkundig sei, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vortrag eingetreten wäre (vgl. BVerfGE 75, 302, 316; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 296 Rn. 22; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 296 Rn. 64, 66).

Die zivilprozessualen Präklusionsvorschriften hätten im Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG strengen Ausnahmecharakter, weil sie sich zwangsläufig nachteilig auf das Bemühen um eine materiell richtige Entscheidung auswirken und einschneidende Folgen für die säumige Partei nach sich ziehen würden. Ihre Anwendung stünde unter dem besonderen Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, VersR 2002, 120, 121; BGH, Urteil vom 5. März 1990 - II ZR 109/89, NJW 1990, 2389, 2390; BVerfGE 75, 302, 312; BVerfG, Beschlüsse vom 26. August 1988 - 2 BvR 1437/87, NJW 1989, 706; vom 9. Mai 2003 - 1 BvR 2190/00, juris Rn. 10 mwN).

Allein der mit der Präklusion verfolgte Zweck einer Abwehr pflichtwidriger Verfahrensverzögerungen durch die Parteien rechtfertige verfassungsrechtlich die Einschränkung des Prozessgrundrechts auf rechtliches Gehör (BVerfG, Beschluss vom 26. August 1988, aaO). Solle die Bestimmung des § 296 Abs. 1 ZPO ihre vorgesehene Aufgabe wirksam erfüllen, so müsse sie klar und gegebenenfalls auch streng gehandhabt werden. Der Bundesgerichtshof vertritt deshalb in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass es für die Feststellung einer Verzögerung des Rechtsstreits allein darauf ankomme, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Dagegen ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte.

Ein Gericht sei aber gleichwohl auch verpflichtet, die Verspätung durch zumutbare Vorbereitungsmaßnahmen gemäß § 273 ZPO so weit wie möglich auszugleichen und dadurch eine drohende Verzögerung abzuwenden (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 1979 - VII ZR 284/78, BGHZ 75, 138, 141 ff.; vom 31. Januar 1980 - VII ZR 96/79, BGHZ 76, 133, 135 f.; vom 13. März 1980 - VII ZR 147/79, BGHZ 76, 236, 239; vom 26. März 1982 - V ZR 149/81, BGHZ 83, 310, 313; vom 2. Dezember 1982 - VII ZR 71/82, BGHZ 86, 31, 34 ff. mwN; vom 19. Oktober 1988 - VIII ZR 298/87, NJW 1989, 719,720).

(Quelle: Juris)

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