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BayObLG, Urteil vom 18.07.2022 - 203 StRR 179/22

Eine Strafbarkeit nach § 279 StGB (Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse) setzt voraus, dass das Gesundheitszeugnis eine unwahre Aussage über den Gesundheitszustand als solchen enthält

Die Angeklagte hatte im November 2020 im öffentlichen Verkehrsraum keine aufgrund der Covid-Pandemie vorgeschriebene Maske getragen. Bei einer Kontrolle durch die Polizei hatte sie ein ärztliches Attest vorgezeigt, welches sie (ohne vorherige Untersuchung durch den ausstellenden Arzt) gegen Zahlung eines Geldbetrages über das Internet bezogen hatte und das sie von der Pflicht befreite, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Die Angeklagte hatte um die Ausstellung des Attestes mit der Begründung gebeten, dass sie beim Tragen einer Maske kurzatmig werde und ihr Puls in die Höhe gehe mit der Folge von Kreislaufproblemen und Hyperventilation und dem Risiko einer Ohnmacht.

Im Prozess war die Angeklagte sowohl vom Amtsgericht als auch in der Berufungsinstanz vom Vorwurf einer Straftat nach § 279 StGB freigesprochen worden. Hiergegen hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, welche jedoch vom BayObLG, das den Freispruch bestätigte, verworfen wurde.

Die Entscheidung ist insofern von Bedeutung und interessant, als vorliegend der nach § 279 StGB strafbare Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses angeklagt war. Diese Norm nimmt auf andere Strafvorschriften Bezug und setzt den Gebrauch eines Gesundheitszeugnisses der in den §§ 277 und 278 StGB bezeichneten Art voraus. Mithin entweder ein inhaltlich unrichtiges Attest (§ 278 StGB) oder aber ein Attest, das durch einen Unbefugten (Nichtarzt) ausgestellt wurde (§ 277 StGB).

Beide Voraussetzungen ließen sich hier nicht beweisen: Dass die Person, die auf Anfrage das Attest ausgestellt hatte, kein Arzt war, ließ sich nicht ermitteln.

Damit verblieb nur die Möglichkeit, dass das Attest inhaltlich unrichtig war. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, dass die Staatsanwaltschaft den Beweis erbringt, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt der Ausstellung des Attest tatsächlich nicht an den Beschwerden gelitten hatte, die sie bei der Beantragung des Attestes angegeben hatte (Kurzatmigkeit bei Tragen einer Maske, erhöhter Puls, Kreislaufprobleme etc.).

Dies war unmöglich. Der von der Staatsanwaltschaft gestellte Antrag auf gesundheitliche Untersuchung der Angeklagten wurde richterlicherseits verworfen, insbesondere da eine solche Untersuchung keinen Aufschluss gegeben hätte über den Gesundheitszustand der Angeklagten in der Vergangenheit, der sich möglicherweise seitdem verändert hat.

Die Anrüchigkeit des Vorgangs im Übrigen (Bestellung des Attestes über das Internet gegen Zahlung eines Geldbetrages, Ausstellung des Attestes ohne vorherige Untersuchung) sollte und konnte in diesem Zusammenhang dann nach Auffassung des Gerichts keine Rolle mehr zulasten der Angeklagten spielen.

Als Quintessenz war mithin der Hinweis des Gerichts festzuhalten, dass § 279 StGB nur vor Täuschungen bezüglich des Gesundheitszustands schützen soll, so dass es erforderlich ist, dass das Attest eine unwahre Aussage über den Gesundheitszustand als solchen enthält. Bei dieser Vorschrift kommt es mithin nicht darauf an (anders als bei §§ 277 und 278 StGB), ob vor der Ausstellung des Attestes auch eine körperliche Untersuchung stattgefunden hat (was vorliegend nicht erfolgt war).

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