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Ärztlicher Heileingriff bei minderjährigem Kind / Zustimmung der sorgeberechtigten Eltern / Vertrauensgrundsatz / Umfang einer Risikoaufklärung / Keine Vermittlung von medizinischem Detailwissen

Mit Urteil vom 29.09.2015 (26 U 1/15) nahm das OLG Hamm erneut dazu Stellung, inwieweit beide sorgeberechtigten Eltern im Detail in einen ärztlichen Heileingriff bei einem minderjährigen Kind einwilligen müssen. Das OLG nahm dazu Stellung, inwieweit der Vertrauensgrundsatz zugunsten des behandelnden Arztes reichen würde. Am Rande nahm das OLG dazu Stellung, welche Grenzen eine Risikoaufklärung beinhalte.

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit der Einwilligung in eine operative Biopsie bei einem mehrere Monate alten Kind. Streitig war die anästhesiologische Aufklärung für eine diagnostische operative Biopsie mit dem Zweck des Ausschlusses eines Morbus Hirschsprung. Das OLG wiederholte dabei die bereits in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze wie folgt:

1.
Ein Arzt darf in Routinefällen davon ausgehen, dass der mit dem Kind beim Arzt erscheinende Elternteil ermächtigt ist, die Einwilligung in die ärztliche Behandlung für den abwesenden Elternteil mitzuteilen. Das Vertrauen werde in diesem Fall erst erschüttert, wenn dem jeweiligen Arzt entgegenstehende Umstände bekannt sind.

2.
In anders gelagerten Fällen, in denen es um ärztliche Eingriffe schwererer Art mit unbedeutenden Risiken geht, müsse sich der Arzt darüber hinaus vergewissern, ob der erschienene Elternteil die Ermächtigung des anderen habe und inwieweit diese reiche. Der Arzt dürfe in diesem Fall aber auf eine wahrheitsgemäße Auskunft des erschienenen Elternteils vertrauen. Hier könne es allerdings angebracht sein, auf den erschienenen Elternteil einzuwirken, die vorgesehenen ärztlichen Eingriffe und deren Chancen und Risiken noch einmal mit dem anderen Elternteil zu besprechen.

3.
Gehe es dagegen um schwierige und weitreichende Entscheidungen über die Behandlung des Kindes, die mit erheblichen Risiken für das Kind verbunden seien, dann liege eine Ermächtigung des einen Elternteils zur Einwilligung in die ärztlichen Eingriffe bei dem Kind durch den anderen nicht von vornherein nahe. Deshalb müsse sich der Arzt in einem solchen Fall die Gewissheit verschaffen, dass der nicht erschienene Elternteil mit der vorgesehenen Behandlung des Kindes einverstanden sei (so auch BGH, Urteil v. 15.06.2010 – VI ZR 204/09).

Insgesamt solle die Aufklärung dem Patienten allerdings kein medizinisches Entscheidungswissen vermitteln, sondern ihm lediglich aufzeigen, was der Eingriff für die persönliche Situation des Patienten bedeuten könne. Die Aufklärung muss vom Umfang her lediglich Art und Schwere des Eingriffs erkennen lassen. Dazu müssen nicht Risiken in medizinisch allen exakten und denkbaren Erscheinungsformen dargestellt werden. Es genüge ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums. Der Arzt habe also nur im „Großen und Ganzen“ aufzuklären. Er brauche das Risiko nicht medizinisch exakt zu bezeichnen; es genüge die Verdeutlichung einer Stoßrichtung.

(Quelle: OLG Hamm)

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