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Eine mit eineiigen Zwillingen schwangere Hochrisikopatientin darf ausschließlich in einer Klinik behandelt werden, die über eine neonatologische Intensivstation verfügt. Bei einer länger andauernden Behandlung einer solchen Risikoschwangerschaftspatientin muss die Möglichkeit der jederzeitigen, notfallmäßigen und intensivmedizinischen Versorgung der Neugeborenen gegeben sein.
(OLG Frankfurt am Main, Urteil 18.02.2025, Az.: 8 U 8/21)
Der Fall:
Der Kläger forderte von der behandelnden Klinik Schmerzensgeld und Schadenersatz aufgrund einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung im Vorfeld seiner Geburt.
Die (erstgebärende) Mutter des Klägers war zum Zeitpunkt der erwarteten Geburt 37 Jahre alt und erwartete eine hochriskante, eineiige Zwillingsschwangerschaft.
Der beklagte Arzt behandelte die Mutter des Klägers über mehrere Wochen stationär in der ebenfalls beklagten Geburtsklinik. Diese Klinik verfügte jedoch nicht über eine neonatologische Intensivstation.
Einer der beiden Feten verstarb schließlich während der stationären Behandlung im Mutterleib. Der andere, der nunmehrige Kläger, wurde daraufhin mittels Notkaiserschnitt entbunden und erlitt schwerste Hirnschäden. Die Hirnschäden hatten insbesondere eine ausgeprägte Entwicklungsstörung, eine Hörschwäche, sowie eine Beeinträchtigung der Schluckfähigkeit und der Blasenfunktion zur Folge.
Nach sachverständiger Beratung sah zunächst das LG Frankfurt a. M. und im Rahmen eines Berufungsverfahrens nunmehr auch das OLG Frankfurt a.M. in dieser geburtshilflichen Behandlung einen schweren, sogar groben Behandlungsfehler der Geburtsklinik.
Das OLG hob hervor, dass es bei einer Hochrisikoschwangerschaft mit eineiigen Zwillingen jederzeit zu einer Frühgeburt oder zu schweren Komplikationen bis hin zum Fruchttod eines Fetus kommen könne. Dies wiederum erfordere regelmäßig eine sofortige Entbindung und eine sofortige Notfallbehandlung der Neugeborenen. Jegliche, auch nur kurzfristige Fehlversorgung, könne dabei unmittelbar zu schweren Schäden führen.
Die insoweit erforderliche Behandlung der Neugeborenen könne – nach Ansicht des OLG Frankfurt - dabei nur durch neonatologische Fachärzte mit einer entsprechenden Qualifikation und der nötigen technischen Ausstattung gewährleistet werden.
Die Mutter des Klägers habe als schwangere Hochrisikopatientin daher nicht über mehrere Wochen in einer Geburtsklinik ohne Neonatologie behandelt werden dürfen. Vielmehr hätte diese Behandlung – so das OLG Frankfurt – ausschließlich in einer Klinik erfolgen dürfen, die auch über eine neonatologische Intensivstation verfüge.
Dass dies hier nicht erfolgt ist, sondern die Behandlung in einer Geburtsklinik ohne entsprechende Neonatologie über mehrere Wochen stattfand, wertete das OLG im Ergebnis als schlechterdings unverständlich und grob fehlerhaft.
Diese grob fehlerhafte Behandlung sei ursächlich für die schweren (Hirn-) Schäden des Klägers geworden.
Dem Kläger stehe daher – neben weiteren Schadenersatzansprüchen – allein ein Schmerzensgeld in Höhe von 720.000 € zu.